Kraftschlüssige Ladungssicherung – Sicherheit durch Reibung und Zurrkraft

Kraftschlüssige Ladungssicherung – Sicherheit durch Reibung und Zurrkraft

Kraftschlüssige Ladungssicherung

Inhaltsverzeichnis

Die kraftschlüssige Ladungssicherung ist eine der wichtigsten Methoden im modernen Transportwesen, um Güter während des Transports sicher zu fixieren. Bei dieser Sicherungsmethode wird die Ladung durch erhöhte Reibungskräfte zwischen Transportgut und Ladefläche am Verrutschen gehindert. Im Gegensatz zur formschlüssigen Sicherung nutzt die kraftschlüssige Ladungssicherung die physikalischen Eigenschaften der Reibung und zusätzlich aufgebrachte Kräfte.

Was ist kraftschlüssige Ladungssicherung?

Kraftschlüssige Ladungssicherung bedeutet, dass eine freistehende Ladung auf einem Transporter nur durch eine einzige Krafteinwirkung gesichert wird, beispielsweise zwischen Ladung und Ladefläche oder zwischen einzelnen Gütern. Das Prinzip beruht darauf, dass die Reibungskräfte zwischen der Ladung und der Unterlage größer als die durch Transportbeanspruchungen wirkenden Kräfte gemacht werden.

Definition nach Fachstandards

Nach VDI 2700 und EN 12195-1 wird kraftschlüssige Ladungssicherung durch das Niederzurren gewährleistet. Dabei wird die Ladung mithilfe von Ladungssicherungsmitteln wie Zurrgurten, Zurrketten oder Drahtseilen kraftschlüssig auf der Ladefläche fixiert. Die entstehende Druckkraft wird als Vorspannkraft (STF) bezeichnet und erhöht die verfügbare Reibungskraft erheblich.

Physikalische Grundlagen der kraftschlüssigen Sicherung

Reibkraft und Normalkraft

Die Wirksamkeit der kraftschlüssigen Ladungssicherung basiert auf dem Zusammenspiel von Normalkraft und Reibbeiwert. Eine Ladung von 1.000 kg erzeugt eine Normalkraft von 10.000 N (1.000 kg × 9,81 m/s²). Bei einem Reibbeiwert µ von 0,3 zwischen Ladung und Ladefläche ergibt sich eine natürliche Reibkraft von 3.000 N.

Beschleunigungskräfte im Transport

Bei einer Vollbremsung mit 0,8 g wirkt auf eine 1.000 kg schwere Ladung eine Kraft von 8.000 N. Diese Kraft muss durch die verfügbare Reibung und zusätzliche Sicherungsmaßnahmen kompensiert werden. Die Berechnung erfolgt nach der Formel: F_S = m × g × a.

Das Niederzurrverfahren als Kernmethode

Funktionsweise des Niederzurrens

Beim Niederzurren wird die zu sichernde Ladung mit Zurrmitteln überspannt und auf die Ladefläche gedrückt. Um das Verrutschen zu verhindern, wird die Anpresskraft zwischen Ladegut und Ladefläche durch Vorspannkräfte erhöht. Die Vorspannkraft sollte dabei an allen Überspannungen gleich groß sein.

Berechnungsformel für freistehende Ladung

Die Anzahl der erforderlichen Zurrmittel berechnet sich nach der Formel:
n = (G × (C_x - µ × C_z)) / (k × µ × sin(α) × STF)

Dabei bedeuten:

  • G = Gewichtskraft der Ladung
  • C_x = Beschleunigungsbeiwert (0,8 bei Bremsvorgängen)
  • µ = Gleitreibbeiwert
  • k = Reibungsverlustbeiwert (typisch 1,5)
  • α = Zurrwinkel
  • STF = Vorspannkraft des Zurrmittels

Einfluss des Zurrwinkels

Der Zurrwinkel α zwischen Zurrmittel und Ladefläche hat erheblichen Einfluss auf die Wirksamkeit. Bei einem Zurrwinkel von 35° beträgt der Sinus 0,5735, wodurch nur 57% der Vorspannkraft wirksam werden. Ein Winkel von 90° sorgt für optimale Vorspannkraft, unter 83° muss der Zurrwinkel bei der Berechnung berücksichtigt werden.

Zurrmittel für kraftschlüssige Sicherung

Zurrgurte und ihre Eigenschaften

Zurrgurte bestehen aus textilem Gurtband mit einer Ratsche oder Gurtbandklemme. Sie eignen sich besonders für leichtere und mittelschwere Lasten. Die Maximum Securing Load (MSL) von Zurrgurten beträgt 50% der Bruchlast nach europäischen Normen. Bei einem Zurrgurt mit 5.000 daN Bruchlast liegt die MSL bei 2.500 daN.

Zurrketten für schwere Lasten

Zurrketten werden aus hochwertigem vergütetem Stahl gefertigt und bieten deutlich höhere Zurrkräfte als Gurte. Sie sind besonders für schwere oder unhandliche Güter geeignet, die während des Transports nicht verrutschen dürfen. Die Langlebigkeit und Robustheit machen sie zur idealen Wahl für anspruchsvolle Anwendungen.

Vorspannkräfte in der Praxis

Die Vorspannkraft, die über eine Druckratsche bei einem 50-mm-Zurrgurt aufgebracht wird, beträgt in den meisten Fällen etwa 300 daN. Diese sollte grundsätzlich mit einem Vorspannkraftmessgerät gemessen werden. Aus Sicherheitsgründen dürfen Zurrmittel nach VDI 2700 mit nicht mehr als 50% der maximalen Zurrkraft vorgespannt werden.

Antirutschmatten als Wirkungsverstärker

Bedeutung des Reibbeiwertes

Antirutschmatten spielen eine entscheidende Rolle bei der kraftschlüssigen Ladungssicherung, indem sie den Gleitreibbeiwert zwischen Ladung und Ladefläche erhöhen. Die VDI 2700 Blatt 14 schreibt vor, dass der Gleitreibbeiwert einen Mindestwert von µ = 0,4 nicht unterschreiten darf. Hochwertige Antirutschmatten erreichen Gleitreibwerte von bis zu µ = 0,65.

Praktischer Nutzen von Antirutschmatten

Ein Beispiel verdeutlicht die Wirksamkeit: Bei einer 3.000 kg Ladung ohne Antirutschmatten (µ = 0,2) werden 23 Zurrmittel benötigt. Mit Antirutschmatten (µ = 0,6) reduziert sich die Anzahl auf nur 3 Zurrmittel. Dies entspricht einer Kostenersparnis von über 80%.

Vorteile und Nachteile der kraftschlüssigen Sicherung

Vorteile der Methode

Die kraftschlüssige Ladungssicherung ist relativ einfach und schnell durchzuführen. Sie kann für eine Vielzahl von Ladungen angewendet werden und ist besonders flexibel bei unterschiedlichen Transportgütern. Die Methode eignet sich gut für Ladungen, die leicht zu bewegen sind oder bei denen eine zusätzliche Absicherung erforderlich ist.

Nachteile und Herausforderungen

Bei rutschigen Oberflächen oder feuchten Gütern kann die Reibungskraft nicht ausreichen, um die Ladung sicher zu fixieren. Es ist eine regelmäßige Kontrolle notwendig, da sich Zurrgurte während des Transports lockern können. Die Methode ist mit vielen zu beachtenden Randbedingungen behaftet und muss deshalb mit größter Vorsicht angewendet werden.

Berechnungsbeispiel aus der Praxis

Ausgangssituation

Eine freistehende Ladung von 1.000 kg soll gegen Verschub bei einer Vollbremsung mit 0,8 g gesichert werden. Die erforderliche Sicherungskraft beträgt: F_S = 1.000 kg × 9,81 m/s² × 0,8 = 8.000 N = 800 daN.

Ohne Antirutschmatten

Bei einem Reibbeiwert von µ = 0,3 und einer Vorspannkraft von 500 daN pro Zurrgurt ergibt sich:

  • Reibkraft aus Ladungsgewicht: 1.000 daN × 0,3 = 300 daN
  • Wirksame Vorspannkraft bei 35° Zurrwinkel: 500 daN × 1,5 × 0,5735 × 0,3 = 129 daN
  • Benötigte Zurrmittel: (800 - 300) / 129 = 3,9 ≈ 4 Zurrgurte

Mit Antirutschmatten

Bei erhöhtem Reibbeiwert von µ = 0,6:

  • Reibkraft aus Ladungsgewicht: 1.000 daN × 0,6 = 600 daN
  • Wirksame Vorspannkraft: 500 daN × 1,5 × 0,5735 × 0,6 = 258 daN
  • Gesamtsicherungskraft: 600 + 258 = 858 daN > 800 daN (ausreichend)

Sicherheitshinweise und Best Practices

Mindestanforderungen

Um ein Drehen und Springen der Ladung zu vermeiden, sind immer mindestens 2 Zurrmittel notwendig. Bei mehreren Anschlagpunkten ist auf einen ausreichenden Abstand zu achten. Ratschen oder Zurrmittel sollten auf wechselnden Seiten angeschlagen werden.

Qualitätskontrolle

Zurrmittel müssen für die erforderlichen Vorspannkräfte geeignet sein und ein vollständiges Kennzeichnungsetikett besitzen. Dieses muss Aussagen über Hersteller, Zurrkraft und den Sicherheitshinweis "Nicht Heben" enthalten. Beschädigte oder verschlissene Zurrmittel dürfen nicht verwendet werden.

Kombination mit anderen Methoden

Die kraftschlüssige Sicherung kann effektiv mit formschlüssigen Elementen kombiniert werden. Der Formschluss nach vorne durch Abstützung gegen eine stabile Bordwand kann auch mit Kanthölzern oder Paletten hergestellt werden. Niederzurren über die Bordwände ist nicht nur unsicher für die Ladung, sondern auch schädigend für das Fahrzeug.

Rechtliche Rahmenbedingungen

Gesetzliche Grundlagen

Nach § 22 StVO ist der Verlader für die verkehrssichere Verstauung verantwortlich. Die Ladung muss so gesichert sein, dass sie selbst bei Vollbremsung oder plötzlicher Ausweichbewegung nicht verrutschen, umfallen oder herabfallen kann. Bei mangelhafter Ladungssicherung drohen Bußgelder und bei Unfällen Haftstrafen.

Technische Richtlinien

Die VDI-Richtlinie 2700 dient als Leitlinie für ausreichende Ladungssicherung. Sie behandelt das Befestigen von Ladung mit Hilfsmitteln sowie formschlüssige, kraftschlüssige und kombinierte Sicherungsmethoden. Die Norm DIN EN 12195 definiert die Berechnung von Zurrkräften für Ladungssicherungseinrichtungen auf Straßenfahrzeugen.

Zusammenfassung

Die kraftschlüssige Ladungssicherung ist eine bewährte und vielseitige Methode der Transportsicherung, die bei korrekter Anwendung hohe Sicherheit bietet. Der Schlüssel zum Erfolg liegt in der genauen Berechnung der erforderlichen Sicherungskräfte und der sachgerechten Anwendung der Zurrmittel. Die Kombination mit Antirutschmatten kann die Effizienz erheblich steigern und die Anzahl der benötigten Zurrmittel drastisch reduzieren.

Für B+W Ladungssicherungen bedeutet dies: Unsere hochwertigen Zurrgurte, Zurrketten und Antirutschmatten ermöglichen Ihnen eine professionelle kraftschlüssige Ladungssicherung nach aktuellen Standards. Mit unserer langjährigen Expertise unterstützen wir Sie bei der optimalen Auslegung Ihrer Sicherungssysteme für maximale Effizienz und Sicherheit.

Was ist der Unterschied zwischen kraftschlüssiger und formschlüssiger Ladungssicherung?

Bei der kraftschlüssigen Ladungssicherung wird die Ladung durch erhöhte Reibungskräfte zwischen Transportgut und Ladefläche gesichert. Dies geschieht hauptsächlich durch Niederzurren mit Zurrgurten oder Ketten. Formschlüssige Sicherung hingegen nutzt die geometrische Anordnung der Ladung und direkten Kontakt zu Containerwänden oder Sperrbalken. Kraftschluss ist flexibler einsetzbar, während Formschluss oft sicherer und kostengünstiger ist.

Wie berechnet man die Anzahl der benötigten Zurrgurte beim Niederzurren?

Die Berechnung erfolgt nach der Formel: n = (G × (C_x - µ × C_z)) / (k × µ × sin(α) × STF). Dabei sind das Ladungsgewicht (G), der Beschleunigungsbeiwert (C_x = 0,8), der Reibbeiwert (µ), der K-Faktor (k = 1,5), der Zurrwinkel (α) und die Vorspannkraft (STF) zu berücksichtigen. Bei einer 1.000 kg Ladung mit µ = 0,3 und 35° Zurrwinkel werden etwa 4 Zurrgurte benötigt.

Welche Vorspannkraft kann mit Standard-Zurrgurten erreicht werden?

Standard 50-mm-Zurrgurte mit Druckratschen erreichen typischerweise eine Vorspannkraft von etwa 300 daN. Die tatsächliche Vorspannkraft sollte immer mit einem Vorspannkraftmessgerät gemessen werden. Nach VDI 2700 dürfen Zurrmittel aus Sicherheitsgründen mit maximal 50% ihrer maximalen Zurrkraft (LC) vorgespannt werden. Bei Zurrgurten mit 2.000 daN LC sind somit maximal 1.000 daN Vorspannkraft zulässig.

Wie wirken sich Antirutschmatten auf die kraftschlüssige Ladungssicherung aus?

Antirutschmatten erhöhen den Gleitreibbeiwert zwischen Ladung und Ladefläche von typisch µ = 0,2-0,3 auf bis zu µ = 0,65. Dies reduziert die Anzahl der benötigten Zurrmittel drastisch: Bei einer 3.000 kg Ladung sinkt der Bedarf von 23 auf nur 3 Zurrgurte. Die VDI 2700 Blatt 14 fordert einen Mindest-Reibbeiwert von µ = 0,4. Antirutschmatten sind eine kostengünstige Methode zur Wirkungssteigerung der kraftschlüssigen Sicherung.

Welche Rolle spielt der Zurrwinkel bei der kraftschlüssigen Sicherung?

Der Zurrwinkel α zwischen Zurrmittel und Ladefläche bestimmt die wirksame Vorspannkraft durch den Sinuswert. Bei 90° Zurrwinkel (sin = 1,0) wirkt die volle Vorspannkraft, bei 35° nur 57% (sin = 0,5735). Unter 83° muss der Zurrwinkel bei der Berechnung berücksichtigt werden. Ein optimaler Zurrwinkel von 90° ist anzustreben, aber praktisch oft nicht umsetzbar. Die reduzierte Wirkung muss durch mehr Zurrmittel oder höhere Vorspannkraft kompensiert werden.

Wann sollten Zurrketten statt Zurrgurte verwendet werden?

Zurrketten eignen sich besonders für schwere oder unhandliche Güter, die hohe Zurrkräfte erfordern. Sie bieten deutlich höhere Belastbarkeit als Gurte und sind langlebiger bei extremen Bedingungen. Zurrketten werden bei Maschinentransporten, Metallcoils oder anderen schweren Einzelstücken eingesetzt. Der Nachteil ist das höhere Gewicht und die schwierigere Handhabung im Vergleich zu Zurrgurten. Die Wahl zwischen Ketten und Gurten hängt von Ladungsgewicht, Transportbedingungen und verfügbarer Zurrkraft ab.

Welche häufigen Fehler sollten bei der kraftschlüssigen Ladungssicherung vermieden werden?

Häufige Fehler umfassen die Unterschätzung der erforderlichen Zurrmittelanzahl ohne Berücksichtigung von Zurrwinkel und Reibbeiwert. Unzureichende Vorspannkraft durch defekte Ratschen oder unsachgemäße Handhabung reduziert die Sicherungswirkung. Das Niederzurren über Bordwände schädigt das Fahrzeug und ist unsicher. Fehlende oder unvollständige Kennzeichnungsetiketten an Zurrmitteln sind nicht zulässig. Auch die Vernachlässigung der regelmäßigen Kontrolle während des Transports kann zu Sicherheitsproblemen führen.

Wie wird die kraftschlüssige Ladungssicherung rechtlich bewertet?

Nach § 22 StVO ist der Verlader für die verkehrssichere Ladungssicherung verantwortlich. Die Ladung muss selbst bei Vollbremsung oder Ausweichmanöver sicher bleiben. Bei mangelhafter kraftschlüssiger Sicherung drohen Bußgelder und bei Unfällen strafrechtliche Konsequenzen. Die VDI 2700 und DIN EN 12195 definieren die technischen Standards für ordnungsgemäße Sicherung. Haftungsrechtlich können Verlader, Fahrer und Versender gleichermaßen belangt werden. Eine sachgerechte Dokumentation der Sicherungsmaßnahmen ist empfehlenswert.

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